Berliner Geisterfahrt

Dass Deutschland das Thema Energiewende trotz anderslautender Bekundungen seit Jahren nur mit Schrittgeschwindigkeit forciert, hat sich inzwischen bis nach Brüssel herumgesprochen. Die EU-Kommission droht inzwischen fast ungeschönt mit einer Klage gegen die Bundesrepublik wegen Nichteinhaltung der Stickoxid-Grenzwerte. Und die Politik? Die gibt sich reumütig und gelobt Besserung. Da passt es auch wunderbar ins Bild, dass am Dienstag (27.02.2018) das Bundesverwaltungsgericht Fahrverbote für Dieselautos in deutschen Städten als grundsätzlich zulässig ansieht.

Ein rigoroses Zeichen in Richtung der Dieselbesitzer: Deutschland fährt mit Vollgas einer sauberen Zukunft entgegen – und da ist nun einmal kein Platz für Sentimentalitäten oder gar Einzelschicksale. Ab auf den Standstreifen mit den Drecksschleudern und schon strahlt die Chefetage in Brüssel über beide Ohren… genau wie die Führungsriege der deutschen Autokonzerne.

Dringend gesucht: Politik mit Rückgrat

Denn hier verfliegt der selbstbewusste Ton der Bundespolitik plötzlich, genau wie der Smog angeblich künftig aus den Innenstädten. Dicke Luft mit der Autolobby? Das kann in Berlin scheinbar niemand gebrauchen. Dabei waren es gerade die deutschen Automobilhersteller, die durch den Einbau ihrer AdBlue-Schummelsoftware einen gewichtigen Anteil an den derzeitigen Stickoxidwerten haben. Ein sogenanntes Hardware-Update – also eine Umrüstung der betroffenen Fahrzeuge – könnte laut SpiegelOnline „eine Reduzierung der giftigen Stickoxide um 90 Prozent“ bewirken.

Da erscheint es nur fair, dass die Konzerne dieses nachgewiesene Fehlverhalten (Volkswagen hat dies bereits zugegeben) auch wieder korrigieren – und die Umrüstung finanzieren. Schließlich haben die Kunden diese vermeintlich sauberen Modelle bewusst erworben: Denn nachhaltige Technologien versprechen nicht zuletzt auch Wertstabilität. Diese befand sich schon nach Bekanntwerden der Dieselaffäre 2015 im Sturzflug. Mit den nun drohenden Fahrverboten sinken Überlebenschancen sowie Hoffnungen gleichermaßen auf ein Minimum.

1.300 Euro würde die werterhaltende Not-Op namens Umrüstung pro Fahrzeug kosten. Bei 2,8 Millionen betroffener Dieselfahrzeuge sind das 3,64 Milliarden Euro. Sicherlich ein Schlag ins Kontor für Volkswagen, aber keineswegs unlösbar für die Wolfsburger, die in den letzten fünf Jahren insgesamt 35,6 Milliarden Euro Nettogewinn verzeichneten (siehe Grafik).

Nettogewinn Volkswagen 2013 - 2017
Grafik: Nettogewinn Volkswagen in den Jahren 2013 – 2017 | Quelle: wallstreet-online.de

Der Milliarden-Konzern sieht sich allerdings nicht in der Pflicht, ihren nachgewiesenen Betrug zu korrigieren. Stattdessen sollen die Autobesitzer selbst oder die Steuerzahler die Zeche prellen und für Betrügereien geradestehen, die die Wirtschaft begangen hat. Und die Politik? Die vermeidet erneut eine klare Haltung und scheint stattdessen auf Zeit zu spielen.

Politiker stellen nach dem Grundgesetz die gewählten Vertreter des Volkes dar. Wie der innige Schmusekurs zwischen Wolfsburg und Berlin in diese Definition hineinpasst, dürfte sich nicht nur die getäuschten Dieselbesitzer fragen…

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